Schwere Bedenken gegen Kohlekraftwerk
Ostfriesen erläuterten der Provinzregierung in Groningen ihre Einwände / Gemeinsames Gespräch mit RWE in Aussicht gestellt
Groningen. Ihre Bedenken und Einwände gegen den Bau des Kohlekraftwerks in Eemshaven trugen der Bürgermeister der Krummhörn, Johann Saathoff, der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Aurich-Emden, Thilo Hoppe sowie Theo Janssen, ein privater Kläger, am Donnerstag (4. April) Vertretern der Provinzregierung Groningen vor.
Gesprächspartner auf der niederländischen Seite waren der neue "Deputierte für Raumordnung und Großprojekte", William Moorlag von der Partei von der Arbeit (Sozialdemokraten) sowie Wietske Veltmann und Mariska Joustra von der Verwaltung der Provinz Groningen.
Bei dem Gespräch im alten Provinzhaus in Groningen, das auf Initiative des Ratsmitgliedes von Bündnis 90/Die Grünen im Gemeinderat der Gemeinde Krummhörn Johann Smid zustande gekommen war, erläuterten Saathoff, Hoppe und Janssen, warum sie beim Raad van State, dem höchsten niederländischen Gericht, Klage gegen den Bau des Kohlekraftwerks in Eemshaven eingereicht haben.
Thilo Hoppe verwies auf neuste wissenschaftliche Studien, die von Geenpeace in Auftrag gegeben worden seien und die Gesundheitsgefahren, die von Kohlekraftwerken ausgingen, eindrucksvoll belegen würden. Nach diesen Studien verteilen sich die CO2-Emissionen und Feinstäube mit toxischen Schwermetallen in einem Umkreis von bis zu 200 Kilometern. Aufgrund der Höhe der Schornsteine und der weiträumigen Ausbreitung der Schadstoffe seien demnach die Gesundheitsbelastungen in einigen Kilometern Entfernung viel höher als in der unmittelbaren Umgebung des Kraftwerks.
Johann Saathoff bezeichnete es deshalb als "überhaupt nicht nachvollziehbar", das von holländischer Seite nur Privatpersonen als Betroffene anerkannt werden, die maximal 1,5 Kilometer vom Kohlekraftwerk entfernt wohnen. Es sei doch klar, dass bei überwiegenden Westwinden der Großteil der Emissionen über Ostfriesland niedergehen würde.
Der Krummhörner Bürgermeister machte in dem Gespräch deutlich, dass ihn neben der Sorge um die Gesundheit der Bevölkerung auch die Sorge um den Tourismus umtreibe. "Unser Kapital liegt in der freien Landschaft und in der gesunden Luft - das suchen die Menschen hier. Und das darf nicht aufs Spiel gesetzt werden", so Saathoff.
Privatkläger Theo Janssen äußerte seine Befürchtung, dass die Zahl der Krebserkrankungen auf deutscher Seite zunehmen könnten, wenn das RWE-Kohlekraftwerk in Eemshaven tatsächlich fertiggestellt und in Betrieb gehen würde. Er bat eindringlich darum, zu prüfen, ob das Kraftwerk nicht umgerüstet und mit Gas betrieben werden könne, was weit weniger umweltschädlich und gesundheitsgefährdend sei. Die Kohleverstromung sei die absolut dreckigste Art der Energiegewinnung.
Hoppe, Saathoff und Janssen monierten außerdem, dass die möglichen Umweltauswirkungen des Kohlekraftwerks auf Ostfriesland und das Weltnaturerbe Wattenmeer nicht ausreichend untersucht worden seien.
William Moorlag lies in dem zweistündigen Gespräch seine Bewunderung für die deutsche Energiewende durchblicken und meinte, ihm sei es im Grunde auch lieber, wenn in den Niederlanden die erneuerbaren Energien stärker und schneller ausgebaut werden würden und Kohlekraftwerke dann nur noch für eine kurze Zeit nötig seien.
Gewisse Grundsatzentscheidungen seien aber bereits 2007 gefallen und außerdem gebe es in der niederländischen Bevölkerung mehr Widerstand gegen Windkraftanlagen als gegen Kohlekraftwerke, was die deutschen Gesprächspartner sehr verwunderte. In Ostfriesland sei das genau umgekehrt, meinten Hoppe, Saathoff und Janssen.
Um die Möglichkeiten auszuloten, das sich im Bau befindende Kraftwerk stärker oder ganz mit anderen Brennstoffen zu befeuern als mit Kohle, könnte es vielleicht neue Gespräche mit dem deutschen RWE-Konzern geben, der das Kraftwerk in Eemshaven betreiben will. Moorlag stellte in Aussicht, sich um ein solches Gespräch zu bemühen und politische Vertreter aus Ostfriesland daran zu beteiligen.
Beide Seite stimmten auch darin überein, dass es wünschenswert wäre, eventuell mit Hilfe der Ems-Dollart-Region einen Entwicklungsplan für das gesamte Emsästuar in Angriff zu nehmen, der Ökonomie und Ökologie miteinander versöhnt.
Nach Auswertung der Gespräche in Groningen wollen Johann Saathoff und Thilo Hoppe auch die niedersächsische Landesregierung informieren und prüfen, ob das Umweltministerium die Klagen von Privatpersonen, der Gemeinden Borkum und Krummhörn sowie zahlreicher deutscher und niederländischer Umweltverbände und Bürgerinitiativen vor dem Raad van State noch unterstützen könnte.