Alle Rechtsmittel gegen geplantes Kohlekraftwerk ausschöpfen!
Aurich/Den Haag. Der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Aurich-Emden, Thilo Hoppe (Bündnis 90/Die Grünen), sieht die von der Provinz Groningen erneut erteilte naturschutzrechtliche Genehmigung als "auf schwachen Füssen stehend" an. Diese Einschätzung gab er in einer Pressemitteilung bekannt, nachdem er am Dienstag (23. April) in Den Haag dem höchsten niederländischen Gericht, dem Raad van State, seine Einwände erläutert hat. Bei dem Gerichtstermin waren seitens der Kläger auch Johann Smid und Theo Janssen aus der Krummhörn dabei sowie als Übersetzerin und Beraterin Ellen Farwick von der Natur- und Umweltföderation Groningen.
Von Seiten der Provinz Groningen und dem Kraftwerksbetreiber RWE waren mehrere Vertreter und Anwälte nach Den Haag gereist.
Hoppe sprach bei dem Termin auch für den Krummhörner Bürgermeister Johann Saathoff (SPD), der ebenfalls Einwände gegen den Bau des Kohlekraftwerks und die Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung erhoben hatte, an dem Erörterungstermin in Den Haag aber aufgrund anderer Verpflichtungen nicht teilnehmen konnte.
Die drei Richter des höchsten niederländischen Gerichts gingen zunächst der Frage nach, ob es seitens der Provinzregierung Groningen rechtens gewesen sei, Hoppes Einwände gegen das Kohlekraftwerk für unzulässig zu erklären, weil er zu weit von dem Kohlekraftwerk entfernt wohne.
Die Provinzregierung hatte nur schriftlich eingereichte Beschwerden von Gemeinden und Umweltverbänden sowie von Bürgerinnen und Bürgern, die nicht weiter als 1,5 Kilometer vom sich im
Bau befindenden RWE-Kohlekraftwerk Eemshaven entfernt wohnen, zum Verfahren zugelassen. Tausende Einwände von Bürgerinnen und Bürgern aus Deutschland und den Niederlanden, die ausserhalb des 1,5-Kilometer-Radius wohnen, waren als unzulässig eingestuft und aus dem Verfahren genommen worden. Dagegen hatten unter anderem Thilo Hoppe, Johann Saathoff und Theo Janssen geklagt.
"Diese willkürliche 1,5-Kilometer-Grenze ist absurd", erklärte Hoppe. Jeder wisse doch, dass sich die Emissionen aus den hohen Kraftwerksschornsteinen weiträumig verteilen und Mensch und Natur in Ostfriesland sogar stärker belasten würden als diejenigen, die in unmittelbarer Kraftwerksnähe leben.
Ausserdem hätte auch seine Funktion als Bundestagsabgeordneter des stark betroffenen Wahlkreises Aurich-Emden berücksichtigt werden und zu seiner Zulassung zum Beschwerdeverfahren führen müssen, argumentierte Hoppe.
Die Richter werden nun innerhalb der nächsten sechs Wochen entscheiden, ob sich die Provinz Groningen verfahrenstechnisch korrekt verhalten hat.
Die inhaltlichen Fragen, ob etwa die erneut von der Provinz Groningen erteilte naturschutzrechtliche Genehmigung gerechtfertigt ist und Bestand haben wird, soll erst in einem weiteren Verfahren vor dem Raad van State erörtert und geklärt werden, in dem die Gemeinden Borkum, Jemgum und Krummhörn sowie zahlreiche deutsche und niederländische Bürgerinitiativen und Umweltverbände als Kläger auftreten.
Hoppe räumt ihnen gute Chancen ein, da die Provinz Groningen seiner Meinung nach nicht nur zahlreiche Verfahrensfehler gemacht hätte sondern sich bei der Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung einzig auf die Studie einer privaten Beratungsfirma aus Oldenburg verlassen hätte.
"Diese Auftragsarbeit ist sehr oberflächlich", meint Hoppe. Ausserdem hätte die Provinzregierung Groningen nicht im Geringsten mit deutschen Naturschutzbehörden oder mit der Nationalparkverwaltung zusammengearbeitet, was bei grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungen eigentlich vorgesehen sei. So stehe es in einer Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der niederländischen Regierung aus dem Jahr 2005, aus der Hoppe in Den Haag zitierte.
Hoppe hofft, dass er aufgrund eines positiven Richterspruchs in Den Haag auch rechtlich weiterhin im Verfahren gegen das Kohlekraftwerk Eemshaven mitmischen kann. Seiner Meinung nach sollten von Gemeinden, Umweltverbänden, Bürgerinnen und Bürgern alle Rechtsmittel ausgeschöpft werden, damit verhindert wird, dass Ostfriesland eine "Luftqualität wie im Ruhrgebiet" bekommt.