Umstrittenes EU-Zentralamerikaabkommen erhält knappe Mehrheit
Zur Abstimmung im Bundesrat erklären Thilo Hoppe MdB und Ska Keller MdEP:
Es ist bedauerlich, dass das umstrittene EU-Zentralamerikaabkommen nun von Deutschland ratifiziert werden wird. Dabei hätten mit der Ablehnung des Abkommens die EU-Kommission und die zentralamerikanischen Regierungen zu Nachverhandlungen gezwungen werden können.
Aus grüner Sicht wäre dies dringend notwendig gewesen! So kritisieren wir an dem Abkommen vor allem, dass bei Verletzungen von Arbeits- und Umweltstandards sowie von Menschenrechten kein effektiver Sanktionsmechanismus besteht. Für den Handelsbereich hingegen gibt es einen klar definierten Streitbeilegungsmechanismus mit bindender Wirkung. Es ist bitter, dass das Abkommen die Partikularinteressen von Unternehmen höher bewertet als die Rechte der Bevölkerung vor Ort und den Schutz der Umwelt.
Die Zivilgesellschaften in Europa und in den zentralamerikanischen Ländern teilen diese Bedenken. Selbst die von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Folgeabschätzung kommt zu einem kritischen Ergebnis: Große Bergbauprojekte und der Anbau von Zuckerrohr und Palmöl für Biosprit haben in den vergangenen Jahren zu schweren sozialen Konflikten und zur Umweltzerstörung geführt. Abholzung ist ein umweltpolitisches Kernproblem in Zentralamerika. Es ist zu befürchten, dass das Abkommen diese Problematiken noch verschärfen wird. Deshalb haben die Grünen sowohl im europäischen Parlament, im Bundestag als auch im Bundesrat ihre kritische Haltung gegenüber diesem Abkommen deutlich gemacht. Menschenrechte und eine sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung stehen für uns auch in der Handelspolitik an erster Stelle.
Ein kleiner Erfolg: die EU-Kommission ist darauf aufmerksam geworden, dass ihre intransparenten Verhandlungsmethoden zunehmend in die Kritik geraten. Sowohl die hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton als auch Handelskommissar Karel de Gucht mussten kurzzeitig befürchten, dass die deutschen Bundesländer das Abkommen stoppen würden. Vielleicht bemüht sie sich in Zukunft frühzeitiger um Transparenz und Partizipation.