Zur Kürzung des Entwicklungshaushaltes: Die Koalition soll Farbe bekennen!
Zur heutigen Debatte im Plenum des Bundestages zum Entwicklungshaushalt (Einzelplan 23) und der namentlichen Abstimmung erklärt Thilo Hoppe, MdB:
Es gibt Uneinigkeit in der Regierungskoalition über die Kürzung des Entwicklungsetats um 86,5 Millionen, die in der abschließenden Abstimmung des Haushaltsausschusses noch mit den Stimmen von Union und FDP durchgebracht wurde. Wir Grünen haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es doch noch gelingen könnte, diese auch von Entwicklungsminister Niebel und mehreren Kolleginnen und Kollegen aus der Koalition heftig kritisierte Streichaktion der Haushälter rückgängig zu machen. Wir haben deshalb für heute Abend nach der Debatte um den Etat des BMZ namentliche Abstimmung beantragt – über einen Änderungsantrag, der die Kürzung des Entwicklungsetats aufheben würden. Darüber müssen nun alle Mitglieder des Deutschen Bundestages abstimmen. – Sie sollen Farbe bekennen!
Die Mittel der Entwicklungszusammenarbeit werden dringend gebraucht für die großen globalen Herausforderungen wie den Kampf gegen extreme Armut, gegen Hunger, gegen Aids, gegen die hohe Mütter- und Kindersterblichkeit - besonders in den Ländern der Sahelzone und des südlichen Afrikas – und für den Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen. Eine Kürzung des Etats wäre ein fatales Signal für die Welt!
Grüne Forderung bleibt gültig: 1,2 Milliarden Aufwuchs
Grüne Position ist und bleibt es, die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und die humanitäre Hilfe jedes Jahr um 1,2 Milliarden Euro aufzustocken und ebenso jedes Jahr 500 Millionen mehr für den internationalen Klimaschutz bereitzustellen. Dies hat die gesamte Grüne Fraktion durch ihre Zustimmung zum entwicklungspolitischen Konsens bekräftigt und wir haben die entsprechenden Anträge zum Haushalt 2013 eingebracht. Mit diesen Aufwüchsen wäre es möglich, das 0,7%-Ziel zwar nicht bis 2015 dafür aber wenigstens bis 2017, also innerhalb der nächsten Legislaturperiode, zu erreichen.
Unsere Anträge sind leider von der Koalition abgelehnt worden. Wir hätten die gleichen Aufwuchsforderungen nun auch heute als Änderungsanträge einbringen können. Die Erfolgsaussichten wären aber gleich null gewesen. Daher haben wir eine andere Strategie gewählt, die uns hoffen lässt, dass die Mehrheit aller Abgeordneten sich doch noch fraktionsübergreifend gegen die Kürzung des Entwicklungsetats wenden könnte.
Widerstand in der Regierungskoalition
Nicht nur die Opposition läuft Sturm gegen die Kürzung, auch bei den Entwicklungspolitikern der Union und darüber hinaus gibt es viel Kritik: sogar die Kanzlerin soll nicht amüsiert über die Streichungen sein. Die schwarz-gelbe Koalition weiß, dass die Streichung Unsinn ist. Sie ist viel zu klein, um an anderer Stelle im Haushalt Löcher zu stopfen, bedeutet aber gleichzeitig eine enorme Schädigung für Deutschlands internationalen Ruf als Partner für den Kampf gegen Armut und den Klimawandel – und für den Ruf der Regierungskoa¬lition.
Wir Grünen werden daher einen Antrag einbringen, der lediglich die Rücknahme der Kürzung fordert. Wir fordern damit alle Abgeordneten auf, von ihrem Recht Gebrauch zu machen und die Beschlüsse des Haushaltsausschusses zu korrigieren. 372 Bundestagsabgeordnete aus allen fünf Fraktion – darunter auch 76 aus der Koalition – hatten im letzten Jahr den Aufruf zu einem Entwicklungs-politischen Konsens zur Erreichung des 0,7%-Ziels unterschrieben, in dem gefordert wird, die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe bis 2015 jedes Jahr um 1,2 Milliarden zu erhöhen. Wir hoffen, dass sich aus diesem Kreis genügend Abgeordnete finden werden, um zumindest die Kürzung des Entwicklungsetats noch verhindern zu können.
Die Ergebnisse der Bereinigungssitzung im Detail
In der Bereinigungssitzung wurde der Haushalt des BMZ um 124 Millionen Euro gegenüber dem Haushaltsentwurf der Bundesregierung gesenkt. Die Kürzung resultiert aus einer Mittelabsenkung um 144 Millionen Euro beim Zuschuss an den Europäischen Entwicklungsfonds. Die Senkung an sich ist gerechtfertigt, weil der EEF von sich aus einen Minderbedarf gemeldet hatte. Zu Beginn der Haushaltsberatungen war dies bereits angekündigt (damals waren noch 103 Mio. Euro Minderbedarf angegeben). Das BMZ hatte den Berichterstattern zum Einzelplan 23 daraufhin Vorschläge gemacht, wie das Geld anderweitig sinnvoll eingesetzt werden kann, um die ODA-Quote nicht zu senken. Die Koalitionsabgeordneten haben sich in dieser Frage jedoch klar gegen das Ministerium positioniert und die Mittel nicht vollständig umverteilt, sondern ersatzlos gestrichen. Damit bleibt nicht nur die notwendige Erhöhung der Mittel aus. Im Vergleich zum Vorjahr sinkt der Etat sogar um 86,5 Millionen Euro. Die Koalition hat sich damit vom 0,7 Prozent-Ziel verabschiedet.