Weltweite Agrarwende jetzt! Recht auf Nahrung im Welthandel durchsetzen

Anlässlich der Eröffnung des Gipfeltreffens der Vereinten Nationen zur Welternährungskrise erklären Ulrike Höfken, Sprecherin für Ernährungspolitik und Verbraucherfragen, und Thilo Hoppe, Leiter der AG Globalisierung, Global Governance und Welthandel:

Der Welternährungsgipfel in Rom kann nur dann ein Erfolg  werden, wenn auf dem Gipfel ein energisches Umsteuern in der Agrar-, Handels- und Entwicklungspolitik in die Wege geleitet wird. Soforthilfe ist kurzfristig wichtig und richtig, sie reicht aber bei Weitem nicht aus, um die aktuelle Welternährungskrise zu lösen. Der Fokus muss endlich auf die Bekämpfung des chronischen Hungers gelegt werden. Hierzu hat sich die internationale Gemeinschaft bereits vor zwölf Jahren beim letzten Welternährungsgipfel in Rom verpflichtet. Diesmal werden die Regierungs- und Staatschefs, Minister und Leiter internationaler Organisationen nicht darum herum kommen, Selbstkritik zu üben. Die dramatische Krise erfordert, dass jetzt die richtigen politischen Weichen gestellt werden. Denn Hunger ist kein Schicksal, sondern Folge eklatanten Politikversagens.

Dem Menschenrecht auf Nahrung muss endlich Geltung verschafft werden. Dazu brauchen wir eine weltweite Agrarwende – hin zur bäuerlichen Landwirtschaft und zur nachhaltigen Erzeugung von Nahrungsmitteln. Die industrielle Landwirtschaft ist laut UN-Weltagrarbericht keine Lösung für die Hungerkrise, sondern verschärft die Armut. Zudem führt sie zu enormen Treibhausgas-Emissionen und trägt damit stark zum Klimawandel und Bodenzerstörung bei, was wiederum zu Dürren, Überschwemmung und damit zu Ernteausfällen führt und das Hungerproblem verschärft.

Die Europäische Union und die Bundesregierung müssen eine grundsätzliche Agrarreform auf europäischer Ebene anpacken, die eine nachhaltige, ökologische Erzeugung von Nahrungsmitteln in Europa fördert und Agrarexportsubventionen ein für alle mal beendet statt Intensivierung zu propagieren und damit dem Agrobusiness in die Hände zu spielen. Wie auch bei den Milchbauern muss gelten: faire Preise weltweit.

Die bi- und multilaterale Entwicklungszusammenarbeit muss dem Agrarsektor viel mehr Aufmerksamkeit und Ressourcen zukommen lassen und sollte ihre "Hilfe zur Selbsthilfe" an der Förderung der Kleinbauern ausrichten. Auch die  Regierungen der Entwicklungsländer sind dazu aufgefordert, endlich mehr in ihre nachhaltige ländliche Entwicklung zu investieren.

Wir brauchen dringend eine neue globale Handelspolitik. Zur Etablierung eines fairen Agrarhandels müssen Nachhaltigkeits- und Menschenrechtskriterien für den gesamten Agrarsektor entwickelt und schließlich auch Bestandteil der WTO-Vereinbarungen werden.

Vom Welternährungsgipfel muss deshalb ein deutliches Signal ausgehen, dass eine am Recht auf Nahrung ausgerichtete Strategie zur Bekämpfung des Hungers mehr Gerechtigkeit im Welthandel einklagt und eine Förderung der bäuerlichen Landwirtschaft konsequent mit dem Umwelt- und Klimaschutz verbindet.

Ulrike Höfken ist Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
Thilo Hoppe ist Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.