UNCTAD vor Angriff durch Industrieländer bewahrt
Zum Abschluss der 13. UNCTAD-Konferenz in Doha erklärt Thilo Hoppe, MdB:
Es scheint, als ob das Blatt noch einmal zum Guten gewendet wurde: Gestern haben die Delegierten der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) ihre sechstägigen Verhandlungen abgeschlossen. Die Konferenz war geprägt durch ein Gerangel hinter den Kulissen um das neue Mandat der Organisation. Die Industrieländer unter Führung der sogenannten JZ-Gruppe (Japan, USA, Kanada, Neu Seeland, Australien, Norwegen, Schweiz), hatten bereits im Vorfeld für böses Blut gesorgt, als sie die Entwicklungsländer mit einem Vorschlag zur Reduzierung des UNCTAD-Mandats brüskierten.
Die Industrieländer wollten nicht weniger, als die UNCTAD in vielen Bereichen mundtot zu machen. Sie solle sich nicht mehr mit Fragen wie der globalen Finanzkrise, Entschuldung, Investitionen, Spekulation mit Agrarrohstoffen, nachhaltiger Entwicklung und Technologietransfer befassen, obwohl sie hierzu in den vergangenen Jahrzehnten wissenschaftlich fundierte und brillante Analysen lieferte. Dabei war noch in der Accra-Erklärung bei der letzten UNCTAD-Konferenz von 2008 bestätigt worden, dass die UN-Organisationen sich zu diesen Bereichen äußern soll.
Der Vorstoß der JZ-Gruppe, bei dem die EU und die Bundesregierung scheinheilig, aber energisch Pate standen, konnte nun abgewehrt werden. Die wichtigsten Punkte wurden im Abschlussdokument verankert, auch wenn es einzelne Abstriche gegenüber entwicklungsförderlicheren und progressiveren Vorschlägen gab.
Dass die Beschneidung des UNCTAD-Mandats verhindert werden konnte, ist dem resoluten und selbstbewussten Auftreten der Mehrheit der Entwicklungsländer zu verdanken. Sie wehrten sich erfolgreich gegen den Versuch der Industrienationen, die Bedeutung der UNCTAD zugunsten des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank und der Welthandelsorganisation (WTO) noch weiter zurückzudrängen. Hintergrund: Während in der UNCTAD die Entwicklungsländer die Mehrheit haben, orientieren sich die Stimmrechte beim IWF und der Weltbank an den finanziellen Einlagen. Folglich dominieren die Industrie- und Schwellenländer diese internationalen Finanzinstitutionen. Und die nicht ins UN-System eingebundene, zurzeit aber auch blockierte WTO, ist einseitig auf Liberalisierung ausgerichtet.
Wir fordern eine Stärkung der Rolle der Vereinten Nationen – auch in der ökologischen, sozialen und gerechten Gestaltung der Globalisierung. Die UNCTAD darf nicht weiter geschwächt werden, sondern sollte wieder an Bedeutung gewinnen.