Transparenz allein schränkt Spekulation nicht ein, Herr Niebel!
Anlässlich der Äußerungen von Bundesminister Niebel für mehr Transparenz bei Geschäften mit Nahrungsmitteln erklärt Thilo Hoppe, Sprecher für Welternährung:
Bundesminister Niebel wollte wohl auf Stimmenfang gehen, als er auf einer Konferenz zur Bekämpfung des Welthungers gegen Nahrungsmittelspekulation wetterte. Doch seine Parolen sind reine Augenwischerei: Eine Börsenpflicht fordert der FDP-Minister schon lange – doch die allein wird nicht ausreichen, um der exzessiven Spekulation einen Riegel vorzuschieben.
Bereits im Mai 2011 haben wir im Bundestag einen Antrag vorgelegt, der nicht nur detaillierte Vorschläge enthält, wie die Finanzmärkte für Agrarrohstoffe transparent gestaltet werden können, sondern auch, wie sie zu regulieren sind. Denn selbst wenn die Aufsichtsbehörden das überhöhte Maß der Spekulation aufdecken, wären ihnen immer noch die Hände gebunden, um einzugreifen. Niebel setzt aber nach klassischer wirtschaftsliberaler Manier allein auf den Verbraucher: Nicht die Politik soll es regeln, sondern der Konsument.
Auch seine Aussage, dass die von ihm angestrebte Transparenz zeigen werde, ob mehr Produkte gehandelt als produziert werden, offenbart wie wenig er sich mit dem Thema befasst hat. Daten der amerikanischen Aufsichtsbehörde belegen, dass in den USA 2011 das Volumen der Weizenfutures (also von Terminkontrakten auf Weizen) die US-Ernte desselben Jahres um das 60-fache überstiegen. Um zu sehen, dass der Markt aufgebläht ist, bedarf es keiner Börsenpflicht.
Wenn die Merkel-Regierung wirklich gegen die exzessive Spekulation mit Nahrungsmitteln vorgehen will, dann hat sie derzeit auf EU-Ebene die Gelegenheit dazu: Dort wird über eine Finanzmarktrichtlinie (MiFID) und Regeln für Rohstoffbörsen verhandelt. Der jüngste Entwurf für die Richtlinie wurde von der Finanzlobby verwässert und bietet zahlreiche Schlupflöcher, die die Positionslimits zu einem zahnlosen Tiger machen würden. Noch hat Minister Schäuble die Chance, die Richtlinie wieder wasserdicht zu machen – und daran wird sich auch beweisen, ob die schwarz-gelbe Regierung es Ernst meint mit ihren populistischen Parolen gegen das Zocken mit dem Essen anderer.