Nachhaltige Ernährungssicherung statt Cash-Crop-Exporte

Anlässlich der heutigen gemeinsamen Pressekonferenz von Minister Horst Seehofer, Gerd Sonnleitner, John Bensted-Smith, Ingeborg Schäuble und Jürgen Abraham zum Thema "Welternährung, Nahrungsmittelpreissteigerungen, Bioenergie" erklären Ulrike Höfken, Sprecherin für Ernährungspolitik und Verbraucherfragen, und Thilo Hoppe, Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung:

Die derzeitige Nahrungsmittelkrise zeigt: Wir brauchen ein Umsteuern in der Agrar- und Welthandelspolitik. Doch Minister Seehofer blockiert hier und jetzt jeden Fortschritt in der aktuellen EU-Agrarreform, dem "Health Check". Statt zu lamentieren, muss der Minister handeln.

Heute wird auf der UN-Konferenz in Bonn die weltweite Bedeutung des Natur-, Arten und Klimaschutzes für den Erhalt unserer Ernährungs- und Lebensgrundlagen in unzähligen Beiträgen belegt. Aber die Finanzmittel für umwelt- und klimaschützende Landwirtschaft und Ökolandbau in Deutschland hat die Bundesregierung um mindestens 300 Millionen Euro jährlich gekürzt. Große Agrarkonzerne monopolisieren stattdessen mit Agro-Gentechnik und Patentansprüchen die Märkte für Saatgut und Lebensmittel und verteuern die Produktion für die Kleinbauern in den Entwicklungsländern enorm. Unverantwortlich ist auch der Umgang mit den Exportsubventionen im Agrarhandel, die die Märkte der Entwicklungsländer immer wieder zum Einbruch bringen. Seehofer hat trotzdem in Brüssel für die Wiederauflage dieser Subventionen gesorgt.

Die steigenden Lebensmittelpreise erfordern ein Umdenken in unserem Konsum: Wir brauchen einen verantwortlicheren Umgang mit Nahrungsmitteln, der nicht zu Lasten der Armen gehen darf. 850 Millionen Menschen hungern weltweit, während hierzulande das kostbare Getreide und Eiweißpflanzen uneffektiv in der Massentierhaltung landen, 100 Hektar pro Tag Ackerflächen und Grünland versiegelt und verbraucht werden und nahezu 30 Prozent aller gekauften Lebensmittel im Müll landen.

Hungerbekämpfung mit industriellen Mitteln wie der Agro-Gentechnik ist laut aktuellem UN-Agrarbericht keine Lösung. Auf den 450 Millionen Hektar Futtermittelfläche in den Entwicklungs- und Schwellenländern müssen daher vorrangig Lebensmittel für die dortige Bevölkerung wachsen, nicht Dollars für Konzerne und Eliten. Statt Billig-Agrar-Importe von Futtermitteln für unseren massenhaften Fleischkonsum und die Einfuhr von Cash Crops für Biosprit ohne soziale und ökologische Standards heißt die Devise der Zukunft in Deutschland und weltweit: grüne, nachhaltige Landwirtschaft. Die Umsetzung des Rechts auf Nahrung muss dabei Priorität haben. Die Förderung nachhaltiger, kleinbäuerlicher Landwirtschaft und die Produktion für lokale und regionale Märkte sollten im Zentrum stehen.  

Wir brauchen keine heuchlerischen Pressekonferenzen sondern ein Aufheben der Blockadehaltung der Bundesregierung bei der Agrarreform für eine nachhaltige Steigerung umweltgerechter Erzeugung in Europa, und mehr Geld von der Entwicklungshilfeministerin für die ländliche Entwicklung.

Ulrike Höfken ist Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Thilo Hoppe ist Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.