Licht und Schatten auf dem Welternährungsgipfel in Rom
Es ist eine gute Idee von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon gewesen, aus einer schon seit längerer Zeit geplanten Fachkonferenz der Welternährungsorganisation FAO ein Gipfeltreffen zu machen und die Staatsoberhäupter und Regierungschefs nach Rom zu bitten. Dadurch hat das Welthungerproblem endlich die Aufmerksamkeit bekommen, die es verdient. Dass mehr als 860 Millionen Menschen chronisch bedrohlich unterernährt sind, ist ein unerträglicher Skandal.
Dem Aufruf, das Welthungerproblem zur Chefsachse zu erklären, waren rund 50 Staaten nachgekommen – Deutschland leider nicht. Für die Bundesregierung hielt zwar Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul eine respektable Rede. Die Widersprüche, die nach wie vor zwischen der deutschen Entwicklungs- und der Agrarpolitik bestehen, hätte jedoch nur die Kanzlerin auflösen können. Während Wieczorek-Zeul in Rom die handelsverzerrenden Agrarsubventionen der Industrienationen anprangert, macht sich Seehofer in Brüssel dafür stark, dass Schweinefleischüberschüsse aus europäischer Massentierhaltung mit Hilfe von Exporterstattungen die Agrarmärkte in Westafrika zerstören. Das passt nicht zusammen! Wir Grüne fordern von der Bundesregierung endlich eine kohärente, ressortübergreifende Strategie zur Bekämpfung des Hungers.
(Foto: Thilo Hoppe im Gespräch mit Botschafter Hans-Heinrich Wrede - ständiger Vertreter der BRD bei der FAO und anderen internationalen Organisationen - und Heiner Thofern, dem Stellvertreter von Herrn Wrede) Die Ankündigung Deutschlands und mehrerer anderer Staaten, in der Bekämpfung des Hungers stärker auf die Unterstützung der Kleinbauern in den Entwicklungsländern setzen zu wollen, zielt in die richtige Richtung. Das fordern wir Grünen schon seit vielen Jahren. Nun kommt es darauf an, dass den Worten auch Taten folgen und sich der Kurswechsel sowohl quantitativ als auch qualitativ vollzieht. Es müssen deutlich mehr Gelder für die ländliche Entwicklung und Agrarforschung bereitgestellt werden – mit dem Ziel, besonders die Kleinbauern in den Entwicklungsländern darin zu unterstützen, auf nachhaltige Weise gesunde Nahrungsmittel für lokale und regionale Märkte zu produzieren.
Dass auf dem Welternährungsgipfel in Rom die Bedeutung der Kleinbauern für die Ernährungssicherung erkannt und mehr Unterstützung für sie gefordert und zum Teil auch angekündigt wurde, ist positiv zu bewerten. Doch sie mit den "Errungenschaften" einer "modernen" Landwirtschaft wie genmanipuliertem Saatgut, Stickstoffdünger und chemischen Schädlingsbekämpfungsmitteln "segnen" zu wollen – auch dafür sprachen sich in Rom viele Redner aus – könnte sich für die Kleinbauern zu einer Schuldenfalle entwickeln sowie die Böden, die Gewässer und das Klima schädigen.
In der schwammigen Abschlusserklärung von Rom werden zwar die Probleme richtig beschrieben. Die Lösungsansätze werden jedoch nur vage angedeutet, weil hier die Meinungen noch weit auseinander gehen.
In Anbetracht des Klimawandels und der Biosprit-Problematik ist es unverzichtbar, Nachhaltigkeits- und Menschenrechtskriterien für den gesamten Agrarsektor zu entwickeln und sie mit Hilfe starker internationaler Organisationen umzusetzen.
Der in Rom vorgelegte Zwischenbericht einer von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon auf den Weg gebrachten gemeinsamen neuen "Task Force" verschiedener internationaler Institutionen – von der Welternährungsorganisation bis zur Weltbank – enthält neben "alten Rezepten", die sich nicht bewährt haben, auch einige gute Ansätze, auf die jetzt aufgebaut werden muss.