Lateinamerika: Antwort der Bundesregierung auf Große Anfrage offenbart Wissenslücken
Zur Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage "Zur Menschenrechtssituation in den Ländern der Andengemeinschaft und Venezuela" erklären Volker Beck
, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und menschenrechtspolitischer Sprecher und Thilo Hoppe, Leiter der AG Globalisierung, Global Governance und Welthandel:
Wir fordern die Bundesregierung auf, sich genauer mit den Herausforderungen in Lateinamerika zu beschäftigen. Eine Lateinamerikapolitik die auf dem rechten Auge blind ist, kann nicht zur Problemlösung beitragen.
Die Bundesregierung misst in Lateinamerika mit zweierlei Maß, auch bei den Menschenrechten. Das macht die Antwort auf die Große Anfrage erneut deutlich.
Sie redet die Zusammenarbeit zwischen Paramilitärs und Regierung in Kolumbien klein und will nichts von den negativen Folgen des Plan Colombia für Mensch und Umwelt wissen. Sie lobt die Anstrengungen von Präsident Uribe beim Schutz von Menschenrechtsverteidigern, Gewerkschaftern und Journalisten und übersieht dabei, dass der Präsident Teil des Problems ist. Denn immer wieder stellt Uribe kritische Stimmen in die Nähe der Guerilla.
Im Oktober war es der Amerikadirektor von Human Rights Watch, den er als Komplizen und Verteidiger der Guerilla titulierte. Solche Aussagen von staatlicher Seite können für die Betroffenen schnell lebensbedrohlich werden.
In Venezuela hingegen trägt laut Antworten der Bundesregierung allein die Regierung Chávez die Verantwortung für begangene Menschenrechtsverletzungen, und sie wird hier richtigerweise kritisiert. Obwohl es in einigen Bereichen, wie der Gesundheitsversorgung, Fortschritte gegeben hat, ist die Menschenrechtsbilanz der Regierung Chávez alles andere als lupenrein. Dennoch wird von der Bundesregierung übersehen, dass es vor allem von der Opposition kontrollierte Sicherheitskräfte sind, die für einen Großteil der zu Recht angeprangerten Übergriffe stehen.
Auch im Falle Boliviens geht die Bundesregierung in ihrer Antwort zu wenig auf die Unterschiede zwischen Nation und Regionen ein. Menschenrechtsverletzungen und rassistische Gewalttaten, an denen die rechten Regierungen in mehreren Departementen beteiligt waren, finden schlicht keine Erwähnung.
Thilo Hoppe ist Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.