Koalition lässt Barroso im Regen stehen

Anlässlich der Diskussion im Entwicklungsausschuss zum Vorschlag des EU‑Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso-, überschüssige EU-Agrarmittel für die Hungerbekämpfung in Entwicklungsländern umzuwidmen, erklärt Thilo Hoppe, Leiter der AG Globalisierung, Global Governance und Welthandel:

Selbst die Entwicklungspolitiker der Koalition lehnten heute den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zur Unterstützung des Barroso-Vorschlages ab. Der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte auf dem G8-Gipfel in Japan angekündigt, nicht genutzte Gelder aus dem EU-Agrarhaushalt in Höhe von einer Milliarde Euro für die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern umzuwidmen. Sein Vorschlag wurde von Zivilgesellschaft und Kirchen mit Nachdruck unterstützt. Während die Union eine Umwidmung der überschüssigen Agrarmittel grundsätzlich ablehnte, gestanden die SPD-Abgeordneten ein, dass sie dem Grünen-Antrag zustimmen wollten, sich aber in der eigenen Fraktion nicht durchsetzen konnten.

Das Nein nicht nur der Bundesregierung, sondern auch der Mehrheit des Entwicklungsausschusses, ist ernüchternd. Die Entwicklungspolitik der Koalition ist nicht kohärent: Großer Rhetorik gegenüber den Entwicklungsländern folgen keine konkreten Taten. Nationale Agrar- und Finanzinteressen haben mehr Gewicht als internationale Versprechungen. Auch der Ansehensverlust der EU in Folge nicht eingehaltener Zusicherungen wird ausgeblendet. Beim Welternährungsgipfel in Rom hatte die internationale Gemeinschaft im Juni diesen Jahres Hilfsgelder in Höhe von 12 Milliarden US Dollar zugesagt. Es ist ein Armutszeugnis, dass hiervon erst eine Milliarde Dollar aufgebracht wurden. Zur Stabilisierung des Finanzsystems dagegen wurden innerhalb kürzester Zeit allein in Deutschland 480 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt.

 

Thilo Hoppe ist Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.