Große Koalition der mutlosen Entwicklungspolitik
Zur Verabschiedung des Bundeshaushalts erklären Thilo Hoppe, Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Alexander Bonde, Mitglied im Haushaltsausschuss, Hauptberichterstatter für den Einzelplan 23 und Ute Koczy, entwicklunspolitische Sprecherin:
Die Koalitionsfraktionen waren nicht bereit in den Haushaltsberatungen die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit zu erhöhen. Schwarz-Rot scheiterte damit an der Herausforderung, den eigenen Koalitionsvertrag und die Versprechen der Kanzlerin bei Regierungsantritt einzulösen. Vielmehr zeigt sich die Orientierungslosigkeit von Schwarz-Rot in der der Entwicklungsfinanzierung durch die Kürzung der Verpflichtungsermächtigung um über 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Künftige Programme können deshalb nicht vereinbart werden.
Die Bundesregierung hat es mit dem Haushalt 2006 versäumt in der Entwicklungsfinanzierung zu europäischen Partnern, wie Frankreich und Großbritannien, aufzuschließen. Sie zeigt sich bei der Bereitstellung von öffentlichen Entwicklungsgeldern (ODA) für die Bekämpfung von Hunger, Krankheiten und Umweltzerstörung kleinmütig. Die bereits im Haushaltsentwurf eingestellte Erhöhung ist vor allem Ergebnis der Tsunamihilfe.
Frankreich wird zum 1. Juli 2006 eine Flugticketabgabe einführen. In Deutschland blockieren Wirtschaftsminister Glos und Finanzminister Steinbrück eine vergleichbare Initiative, die bis zu 750 Millionen Euro zusätzlich bringen könnte.
Positives Ergebnis der Haushaltsberatungen sind die kleinen Zuwächse für die Kirchen, Stiftungen, den DGB und den Zivilen Friedensdienst. Dafür wird der Europäische Entwicklungsfonds gekürzt.
Die Anfeindung der multilateralen Entwicklungspolitik ist für uns der falsche Weg. In einer Welt, die eine Stärkung der internationalen Geberkoordinierung und die Harmonisierung der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) erfordern, ist es fehl am Platz, die multilaterale EZ gegen die bilaterale technische und finanzielle Zusammenarbeit auszuspielen. Notwendig ist vielmehr der engagierter Kampf um eine finanziell besser ausgestattete und effizientere Entwicklungspolitik.
Das deutsche ODA-Ziel verkommt gegenwärtig zu einem Buchhaltungstrick: Nur der Schuldenerlaß für den Irak, der nichts mit den Millenniumszielen der Armutsbekämpfung zu tun hat, bringt die Bundesregierung 2006 über die 0,33%-Marke.
Damit es in der Entwicklungsfinanzierung nicht spätestens 2008 zu einer Bankrotterklärung kommt, muss jetzt gehandelt werden. Wir erwarten von der Bundesregierung die Einführung einer Flugticketsteuer und einen Umsetzungsplan für das 0,7 Prozent-Ziel.