G8 kann es nicht mehr richten - Weltwirtschaftsrat unter dem Dach der UNO ist notwendiger denn je
Berlin. Vier grüne Bundestagsabgeordnete fordern in einem heute (10. Juli) veröffentlichten Positionspapier ernsthafte Anstrengungen zur Schaffung eines Weltwirtschaftsrates unter dem Dach der UNO. Die Autoren - Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Dr. Gerhard Schick, Ute Koczy sowie Thilo Hoppe - sind der Meinung, dass die Treffen der G8-Staaten nicht mehr zeitgemäß sind.
Stattdessen den Focus auf die G20-Konferenzen zu legen, sei ihrer Meinung nach aber auch problematisch. Die G20 seien zwar repräsentativer als die G8. Beide informellen Treffen hätten aber keine demokratische Legitimation und würden die Mehrheit der Staaten – nämlich die armen Entwicklungsländer – ausschließen.
Nur ein neuer Weltwirtschaftsrat unter dem Dach der UNO, gleichrangig neben dem Weltsicherheitsrat angesiedelt, hätte die demokratische Legitimation, die internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik besser zu koordinieren und der Globalisierung ökologische und soziale Leitplanken zu geben. Seinen Leitlinien müssten sich auch die internationalen Finanzinstitutionen (IWF und Weltbank) sowie die Welthandelsorganisation (WTO) unterordnen, die in das UN-System integriert werden solle.
Die vier Autoren geben zu, dass der Weg dorthin steinig und langwierig sein werde. Die Diskussion um eine notwendige Neuordnung internationaler Institutionen, mit denen versucht werden soll, der Globalisierung einen Ordnungsrahmen zu geben, sei von großen Interessengegensätzen durchzogen. Dies sei auf der jüngsten UN-Konferenz in New York besonders deutlich geworden. Während die meisten G8-Staaten nicht bereit waren, auf Privilegien, Exklusivität und Dominanz zu verzichten, hatten die Entwicklungsländer mehr Mitspracherechte eingefordert und eine größere Rolle der UNO in Wirtschafts- und Finanzfragen angemahnt.
Die von einer internationalen Expertenkommission unter Leitung von Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz vorgeschlagene Neugründung eines Weltwirtschaftsrates wurde auf der New Yorker UN-Konferenz von den G8-Staaten blockiert. Das beklagen auch die grünen Abgeordneten in ihrem Positionspapier.
Der von der Stiglitz-Kommission angemahnte Reformprozess ließe sich zwar verzögern aber nicht aufhalten. Die vier Grünen Abgeordneten fordern nun den mühevollen Weg durch die bereits vorhandenen Institutionen zu gehen. Der sich bisher als ineffektiv erwiesene und mit wenig Kompetenzen ausgestattete Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen (ECOSOC) solle jetzt die Chance nutzen und eine ständige internationale Expertenkommission auf den Weg bringen. Diese solle mit Ökonomen aller Weltregionen und verschiedener Denkschulen besetzt werden. Sie solle vor systemischen Risiken in der Weltwirtschaft warnen und Vorschläge für eine bessere Koordinierung der internationalen Wirtschaftspolitik ausarbeiten.
Sollte sich diese Expertenkommission ähnlich Gehör verschaffen können wie der Weltklimarat (IPCC), dann könnte sie die Global-Governance-Debatte weiter voranbringen.
Die vier grünen Abgeordneten sind der Auffassung, dass sich ein starker Weltwirtschaftsrat am ehesten durch parallele Reformprozesse im ECOSOC und in der G20 entwickelt könne. Nur wenn die wichtigsten Industrienationen und Schwellenländer ständige Sitze in einem Weltwirtschaftsrat bekommen würden, könnten sie nach Auffassung der Autoren dazu bewegt werden, ihren "exklusiven Klub" aufzulösen und in einem Weltwirtschaftsrat unter dem Dach der UNO mitzuarbeiten. Der neue Weltwirtschaftsrat wäre dann so etwas wie eine um fünf bis sieben Entwicklungsländer (mit temporärem Mandat) erweiterte G20, die in die UN-Strukturen integriert wird und mit dem ECOSOC verschmolzen wird.