G8-Gipfel: Steuern gegen Hunger statt blindes Vertrauen auf Großkonzerne
Anlässlich des heute beginnenden G8-Gipfels in Lough Erne erklären
Thilo Hoppe, Sprecher für Welternährung, und Uwe Kekeritz MdB:
Das Thema Steuern gehört auf die Tagesordnung des heutigen Gipfels. Im Jahr 2010 gingen Entwicklungsländern 858 Milliarden US-Dollar durch Korruption, Steuerflucht und illegale Kapitaltransfers verloren – enorme Summen, die dringend für öffentliche Investitionen in die vernachlässigte Land- und Viehwirtschaft benötigt werden. Stattdessen setzen die Merkel-Regierung und die G8 weiterhin darauf, dass multinationale Konzerne wie Monsanto, Syngenta und Cargill den Hunger bekämpfen, man müsse ihnen nur den ungehinderten Zugang zu den afrikanischen Märkten ebnen.
Mit der ‚New Alliance for Food Security and Nutrition‘ ziehen sich die wichtigsten Industrienationen aus ihrer Verantwortung. Statt die Entwicklungsgelder für Ernährungssicherung und ländliche Entwicklung deutlich zu erhöhen, liefern sie die afrikanischen Kleinbauern der Agro-Industrie aus. Merkel und die übrigen G8-Regierungsschefs werden Paten eines Ansatzes, bei dem afrikanische Staaten versprechen müssen, ihre Steuern zu senken, Pestizide schneller zuzulassen, den Handel mit traditionellem Saatgut zu erschweren und Landkäufe zu erleichtern. Im Vordergrund steht Wirtschaftswachstum durch agro-industrielle Landwirtschaft, egal um welchen Preis für Mensch und Umwelt. Dass genau jene, die angeblich davon profitieren sollen – nämlich afrikanische Kleinbauernverbände – sich in einem gemeinsamen Schreiben deutlich gegen die G8-Pläne stellten, spricht für sich. Bisher bleibt die Zivilgesellschaft bei den Verhandlungen ausgeschlossen, von Transparenz kann keine Rede sein.
Wir brauchen Investitionen in ländliche Entwicklung, Land- und Viehwirtschaft sowie Aquakultur in den von Hunger und Mangelernährung betroffenen Ländern – aber diese sollten primär öffentlich sein, Kleinbauern, Fischern und Pastoralisten zugutekommen und ökologische sowie standortangepasste Methoden fördern. Hierfür benötigen Entwicklungsländer jedoch höhere Steuereinnahmen – und nicht Steuergeschenke und beschleunigte Verfahren für transnationale Konzerne, wie Merkel und die anderen G8-Chefs sie unterstützen. Denn der Glaube, Steuersenkungen für global agierende Großkonzerne würden mehr Investitionen bewirken, geht fehl. Nicht erst seit Offshore Leaks wissen wir, dass gerade diese Konzerne jede Möglichkeit nutzen, um Steuern zu vermeiden.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung muss ihre enthusiastische Unterstützung für die New Alliance zurückziehen. Zwar sind die Ausprägungen der G8-Allianz je nach Land unterschiedlich (z.B. sind die Kooperationsabkommen mit Malawi und Benin weniger besorgniserregend als jene mit Tansania, Äthiopien und Mozambique), doch bleibt die Grundausrichtung falsch.