Fehlentscheidungen Jungs erschweren Aufbau in Afghanistan

Hoppe+Jung2007[btg]400

Der zivile Aufbau Afghanistans ist durch das Bombardement von zwei Tanklastzügen und das fragwürdige Lavieren von Verteidigungsminister Jung enorn erschwert worden. Zu dieser Einschätzung sind nach Auskunft des Auricher Bundestagsabgeordneten Thilo Hoppe (Bündnis 90/Die Grünen) die meisten Mitglieder des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gekommen, die gestern Abend zu einer Sondersitzung in Berlin zusammentrafen. Thilo Hoppe hatte als Vorsitzender dieses Ausschusses die Sondersitzung einberufen.

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Deutliche Kritik an Bundesverteidigungs- minister Jung wurde in einer Sondersitzung des Entwicklungsausschusses des Bundestages laut, die der Ausschussvorsitzende, Thilo Hoppe aus Aurich, einberufen hatte. Das Archivbild zeigt Hoppe und Jung während einer regulären Ausschusssitzung (Quelle: Pressestelle Deutscher Bundestag).

Die Ausschussmitglieder wurden durch Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul, Staatssekretär Kossendey und Admiral Krause vom Verteidigungsministerium sowie Mitarbeitern des Auswärtigen Amtes über die aktuelle Lage in Afghanistan informiert.

Dabei habe Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul deutlich gemacht, dass ein notwendiger Strategiewechsel in Afghanistan, hin zu einem möglichst defensiven Militäreinsatz, dem es um den Schutz der Bevölkerung gehe, durch das von der Bundeswehr befohlene Bombardement der beiden Tanklastzügen und dessen verheerende Folgen "konterkariert" worden sei. Es sei nun deutlich schwieriger geworden, "die Herzen der Bevölkerung" zu gewinnen.

Abgeordnete mehrerer Fraktionen kritisierten zudem die "desaströse Informationspolitik" von Bundesverteidigungsminister Jung, der zivile Opfer zunächst heftig bestritten hatte. Er hätte, wie der neue US-Oberbefehlshaber, sofort an den Tatort reisen, die Verletzten im Krankenhaus besuchen und eine deutliche Geste des Bedauerns zeigen müssen.

Thilo Hoppe bekundete in der Sondersitzung sein Befremden darüber, dass bei der Bombardierung der beiden feststeckenden Tanklastzüge der Tod von mehr als 50 um die Lkw herumstehenden Personen, die die Bundeswehr für Taliban-Kämpfer oder –Sympathisanten hielt, in Kauf genommen worden sei. Verteidigungsminister Jung bedaure inzwischen nur, dass möglicherweise weitere unschuldige Zivilisten ums Leben gekommen seien. Die Tötung von 50 mutmaßlichen Taliban sei hingegen vorsätzlich gewesen. "Jedes Todesopfer ist eines zu viel", sagte Hoppe. Der Einsatz von Gewalt sei nur in einer unmittelbaren Bedrohungssituation gerechtfertigt – und auch nur dann, wenn dadurch größeres Blutvergießen verhindert werden könne, meinte der Ausschussvorsitzende.

Die Mehrheit der anwesenden Entwicklungspolitiker forderte eine "strikt defensive" Ausrichtung des Militäreinsatzes in Afghanistan unter der Maxime, alles dafür zu tun, Todesopfer zu vermeiden. Außerdem müsste deutlich mehr für den zivilen Aufbau getan werden.

Einem sofortigen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, wie ihn die Fraktion "Die Linke" fordert, erteilte die große Mehrheit der Entwicklungspolitiker hingegen eine Absage. Auch Hoppe meint, dass dadurch die Kampfhandlungen nicht beendet sondern sich zu einem Bürgerkrieg ausweiten würden – mit deutlich höheren Opferzahlen als bisher.