EU-Afrika-Gipfel: Aufbruch zu neuer Partnerschaft überfällig

Im Vorfeld des EU-Afrika-Gipfels in Lissabon erklären Kerstin Müller, außenpolitische Sprecherin, Ute Koczy, entwicklungspolitische Sprecherin und Thilo Hoppe, Leiter der AG Globalisierung, Global Governance und Welthandel:

Die Beziehungen zwischen der EU und Afrika sollen am Wochenende durch Verabschiedung der gemeinsamen EU-Afrikastrategie auf eine neue Grundlage gestellt werden. Das ist überfällig und richtig. Falsch wäre es, die Gipfelteilnahme wegen des Despoten Mugabe in Frage zu stellen. Allerdings muss die EU, Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe ganz oben auf die Tagesordnung setzen. Die Afrikanische Union (AU) sollte ihrerseits den Gipfel als Chance begreifen, ihr demokratisches Selbstverständnis zu stärken. Das erwarten nicht nur die Menschen in Darfur, im Ostkongo und in Simbabwe.

In der Außen- und Sicherheitspolitik muss die EU den Aufbau einer eigenständigen afrikanischen Friedens- und Sicherheitsarchitektur finanziell und personell entschlossener unterstützen. Die dramatische Lage im Sudan/Darfur muss - anders als bisher geplant – ein Thema des Gipfels werden. Die schnelle Umsetzung der gemeinsamen UN- und AU-Mission UNAMID zum Schutz der Menschen in Darfur ist eine Nagelprobe für die Handlungsfähigkeit der Staatengemeinschaft und der EU-Afrika-Partnerschaft.

Für die Wirtschaftspolitik sollte das Gipfelsignal heißen: Agrardumping schafft Elend! Europa hat es nicht weiterhin nötig, seine Bauern zu Lasten afrikanischer Bauern und Fischer zu fördern. Agrarexportsubventionen und Agrarsubventionen, die afrikanische Märkte zerstören, müssen der Vergangenheit angehören.

Die geplanten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPAs) zwischen der EU und den AKP-Staaten müssen im Sinne von Entwicklungspartnerschaften gestaltet werden. Das heißt, sie müssen  effizient zur Armuts- und Hungerbekämpfung beitragen und eine weitgehende, dem Entwicklungsstand angepasste Flexibilität erlauben.

Die EU hat im Oktober 2005 beschlossen, ihre Hilfe für Afrika in den nächsten fünf Jahren um 50 Prozent auf 30 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. Jetzt muss sie liefern. Quantitativ und qualitativ: Gebraucht werden schlanke Verfahren, eine bessere Abstimmung zwischen bilateralen und europäischen Gebern und neue Instrumente in der Durchführung.

Und noch etwas sollte der Gipfel demonstrieren: Europa wird und muss Afrika bei der Anpassung an den Klimawandel unterstützen, dem viele afrikanischen Staaten nicht gewachsen sein werden. Dabei spielt der Zugang zu bezahlbarer Energien eine wichtige Rolle. Die Abhängigkeit von Öl und Gas nimmt vielen afrikanischen Staaten im doppelten Sinne die Luft zum Atmen. Erneuerbare Energien, Wind und Sonne, die dezentral einzusetzen sind, können gerade in Afrika den Weg in die Zukunft weisen.

Afrika braucht alles außer Atomkraft. Dass in der Strategie eine Zusammenarbeit auf diesem Feld ins Auge gefasst wird, ist wirklichkeitsfremd und gefährlich. Kein Mensch wird dadurch in absehbarer Zeit Zugang zu kostengünstiger Energie erhalten.