Entwicklungszusammenarbeit 2006 – die Wirklichkeit

Anläßlich der heutigen Vorstellung des 14. Berichtes zur "Wirklichkeit der Entwicklungshilfe" durch die Hilfswerke terre des hommes und Deutsche Welthungerhilfe, erklärt Thilo Hoppe MdB:

Obwohl die Bundesregierung ihre Verpflichtung zur Umsetzung der Millenniumsziele und die damit verbundene Erhöhung der Mittel für öffentliche Entwicklungszusammenarbeit (ODA) immer wieder bekräftigt, folgen den hehren Worten keine Taten. Die ODA-Quote ist zuletzt nur aufgrund der Entschuldung von Nigeria und Irak gestiegen. Allein 2005 wurden den beiden Ländern Schulden in Höhe von 2,6 Milliarden Euro erlassen. Die Bundesregierung reitet ausgiebig auf dieser Welle, wohl wissend, dass sie nur bis 2008 tragen wird. Deshalb muss heute Alarm geschlagen werden, weil die ODA-Quote schön gerechnet wird, ohne dass frisches Geld zur Verfügung steht.

Die Bundesregierung soll endlich einen Umsetzungsplan für das 0,7-Prozent-Ziel vorlegen und damit zeigen, wie sie in den nächsten Jahren zur Bekämpfung von Hunger, HIV/Aids und zum internationalen Umweltschutz beitragen will.

Wir teilen diese Kritik der Hilfswerke und finden es beunruhigend, dass die Bundesregierung keinerlei Anstalten macht, Deutschland entsprechend seiner wirklichen Wirtschaftskraft und seiner internationalen Rolle als Exportweltmeister neu zu positionieren. Sie überstrapazieren die Geduld des Papiers, auf das sie ihre Koalitionsvereinbarungen mit dem Bekenntnis zum 0,7-Prozent-Ziel und zu innovativen Finanzierungsinstrumenten niedergeschrieben haben.

Die Bundesregierung ist bei innovativen Finanzierungsinstrumenten nicht handlungsfähig, weil der Wirtschaftsminister auf dem Schoß der Flugunternehmen sitzt und der Finanzminister Angst vor einer Solidarabgabe auf Flugtickets hat. Kleinmütiger kann man die wirklich immensen Herausforderungen, die uns die Globalisierung stellt, nicht angehen. Es fehlt der Mut dafür einzutreten, dass 30000 Kinder, die täglich an vermeidbaren Krankheiten sterben, dringend unterstützt werden.

Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft und der G8-Vorsitz bieten im nächsten Jahr Gelegenheit das Ruder herumzureißen. Zuletzt wurde beim G8-Gipfel in Schottland die Aufstockung der Entwicklungsmittel um 50 Milliarden US Dollar jährlich bis 2010 angekündigt. Die Hälfte davon soll nach Afrika gehen. Deutschland soll die Umsetzung dieser Beschlüsse auf die G8-Tagesordnung setzen und neue Initiativen zur Einführung innovativer Finanzierungsinstrumente, wie eine Flugticketabgabe und eine Devisenumsatzsteuer, ergreifen.