Entscheidung von CARE: Wichtiger Anstoß zur Reform der Nahrungsmittelhilfekonvention

Zur aktuellen Diskussion um US-amerikanische Nahrungsmittelhilfe erklärt Thilo Hoppe, Leiter der AG-Globalisierung von Bündnis 90/ Die Grünen:

Die Ankündigung des US-Hilfswerks CARE, im Rahmen der Nahrungsmittelhilfe künftig kaum noch Getreide aus amerikanischer Überschussproduktion einzusetzen, ist ein wichtiger Anstoß, die reformbedürftige internationale Nahrungsmittelhilfekonvention neu zu verhandeln.

Nahrungsmittelhilfe  ist im Katastrophenfall elementar wichtig. Das steht außer Frage. Die aktuelle Lage in Peru und in Südasien verdeutlicht, wie sehr die Opfer von Naturkatastrophen auf umgehende Nothilfe angewiesen sind. Diese hilft den betroffenen Menschen allerdings nur, wenn sie effizient und pünktlich erfolgt und keine unerwünschten Nebenwirkungen hinterlässt. Die unbedachte Lieferung von Hilfsgütern kann auch Schaden anrichten. 

Kritisiert wird in diesem Kontext seit langem die "direkte" Nahrungsmittelhilfe, eine Praxis, die insbesondere von den USA eingesetzt wird: Die Regierung kauft das Getreide im eigenen Land auf und verschifft es unter amerikanischer Flagge nach Übersee, um es dort an Hilfsorganisationen zu übergeben. Diese wiederum verkaufen die Nahrungsmittel zu Niedrigpreisen auf den lokalen Märkten und finanzieren aus den Einnahmen ihre Projektarbeit vor Ort. Die Profiteure dieser paradoxen Methode - Agrarindustrie, Reedereien und eine kleine Gruppe von Nichtregierungsorganisationen – haben es bisher verstanden, eine Neuausrichtung der US-Nahrungsmittelhilfe zu verhindern.

Umso spektakulärer ist daher die Ankündigung des US-Hilfswerkes CARE, künftig auf Nahrungsmittelspenden der US-Regierung im Wert von ca. 45 Millionen Dollar jährlich zu verzichten. Die Organisation begründet ihre Entscheidung damit, dass die bisherige Art der Nahrungsmittelhilfe den Bauern vor Ort schade und ihre Absatzmärkte zerstöre. Mit den zu Dumpingpreisen verkauften amerikanischen Agrarimporten können sie nicht konkurrieren.

Angesichts dieser – von Experten bereits seit längerem diskutierten –negativen Folgen für lokale Märkte, hat die EU ihre Nahrungsmittelhilfe inzwischen weitestgehend von eigenen Überschüssen entkoppelt und verstärkt mit Programmen zur Ernährungssicherheit verbunden. Die europäischen Gebernationen liefern Nahrungsmittel nur noch selten selbst, sondern stellen in der Regel Geld bereit, mit dem in den Krisengebieten oder in Nachbarregionen die Lebensmittel eingekauft werden. Dies gibt auch wichtige Entwicklungsimpulse für die Landwirtschaft vor Ort und zerstört nicht die regionalen Märkte.

Letztlich lautet die entscheidende Frage aber nicht, ob es besser ist, Nahrungsmittelhilfe in Form von Naturalien oder in Form von Geld zu leisten, sondern ob sie ausgehend vom Bedarf der betroffenen Menschen ein vielseitiges und flexibles Instrumentarium bereitstellen kann. 

In 2008 soll die Nahrungsmittelhilfekonvention, in der 23 Gebernationen jährliche Mindestlieferverpflichtungen und Kriterien für Nahrungsmittelhilfe festgelegt haben, neu verhandelt werden. Der Reformbedarf  ist groß: mehr Transparenz, Effizienz und Flexibilität sind gefordert. Zudem muss die Mitgliederstruktur überdacht werden. Bisher gehören weder die Regierungen der Empfängerländer noch andere wichtige Stakeholder wie UN-Agenturen oder NGOs der Konvention an. Als Grundlage für eine inhaltliche Erneuerung sollten die 2004 von der Welternährungsorganisation (FAO) verabschiedeten freiwilligen Leitlinien zur Umsetzung des Rechts auf Nahrung dienen.