Die EU braucht neue Zuckermarktordnung, die in multilateralem Handelssystem bestand hat
Anlässlich des in diesen Tagen durchgesickerten EU-Kommissionsvorschlags zur Reform der Zuckermarktordnung erklärt Thilo Hoppe, entwicklungspolitischer Sprecher:
Jährlich wirft die EU als zweitgrößter Exporteur über 5 Mio. Tonnen Zucker zu Dumpingpreisen auf den Weltmarkt. Der jetzt bekannt gewordene Vorschlag der EU-Kommission möchte einen Teil dieses überschüssigen Zuckers durch Kürzung von Produktionsquoten und durch Preissenkung abbauen. Damit bewegt sich die EU-Kommission in die richtige Richtung. Aus entwicklungspolitischer Sicht greift der Vorschlag jedoch für Viele zu kurz, die ein schnelles Ende des Zuckerdumpings und einen besseren Marktzugang für die ärmsten Entwicklungsländer erwartet hatten. Durch die vorgeschlagene Quotenreduzierung von 2,8 Mio. Tonnen (-16 Prozent) und die Senkung des Referenzpreises um ein Drittel, wird dies nicht erreicht werden.
Die Quotenkürzung fällt zu gering aus, sie müsste bei ca. 6 Mio. Tonnen liegen, um die Zuckerproduktion auf die Selbstversorgung Europas zurückzustutzen. Durch Exportsubventionen und Produktionsabgaben wird weiterhin in großem Umfang Zuckerdumping möglich sein. Eine nachhaltige Zuckermarktreform sollte sich an den entwicklungspolitischen Auswirkungen messen und gleichzeitig durch die Ausgestaltung des Quotensystems in Europa ökologische und soziale Anreize setzen. Kleinbauern sollen von einer neuen Zuckermarktordung mehr profitieren als die Zuckerindustrie und das Agrobusiness. Durch entkoppelte Flächenprämien sollen vor allem sie beim ökologischen Umbau der Landwirtschaft unterstützt werden.
Die AKP-Länder, die bisher von Präferenzabkommen profitiert haben und durch die geplante Preissenkung aus dem Markt gedrängt werden, sollten beim Umbau ihrer Landwirtschaft entwicklungspolitisch unterstützt werden. Der Kommissionsvorschlag sieht bisher lediglich die Umwidmung zukünftig zum Teil entfallender Exportsubventionen als Direktzahlungen für europäische Produzenten im Rahmen der Betriebs- bzw. Regionalprämie vor. Für die Gruppe der ärmsten Länder (LDC) wird durch die "everything-but-arms" EBA-Initiative freier Marktzugang ab 2009 angeboten. Die Länder selbst hatten vorgeschlagen darauf zugunsten fester Quoten und stabiler Preise zu verzichten. Mitte Juli soll der Kommissionsvorschlag offiziell werden. Bis dahin wird auch der Zwischenbericht zum WTO-Schiedsverfahren in Sachen Zucker erwartet.
Brasilien und andere Länder klagen das europäische Dumping mittels Exportsubventionierung an. Es ist zu erwarten, dass die EU in der WTO unterliegen wird. Durch eine Reform, die den Weltmarkt entlastet und Importspielraum für die ärmsten Länder schafft, könnte Europa der WTO die so dringend notwendigen Wiederbelebungsimpulse geben.