Bonner Aufruf zeigt ökologische Blindheit und zementiert Vorurteile
Zum "Bonner Aufruf Plus" für eine andere Entwicklungspolitik erklären Ute Koczy, entwicklungspolitische Sprecherin, und Thilo Hoppe, Leiter der AG Globalisierung, Global Governance und Welthandel:
Der "Bonner Aufruf Plus" bleibt schon - wie der erste Bonner Aufruf - ökologisch blind. Klimawandel, Zugang zu Energie, sauberem Wasser und die Bedeutung ländlicher Entwicklung als Herausforderung auch für die Entwicklungspolitik, finden keinerlei Erwähnung. Dass wir es zudem mit neuen Problemen in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise zu tun haben, die Entwicklungsländer massiv betreffen, wird ausgeblendet.
Dass "Afrika" nicht durch die Entwicklungszusammenarbeit in eine glorreiche Zukunft gelangen wird, ist richtig und wird von niemanden bestritten.
Die Autoren unterstellen den Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit eine Borniertheit sondergleichen. Sie ignorieren die zweifelsfrei notwendigen und stattfindenden Debatten um die bessere Abstimmung zwischen allen Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit, die Erhöhung der Qualität der Zusammenarbeit und die Verringerung der Transaktionskosten.
Die im Aufruf geforderte inhaltliche Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit auf Bildung, Mikrokredite und Infrastruktur greift viel zu kurz. Gleiches gilt für die Vorstellung, Entwicklungskooperation "an den Staaten vorbei" vordringlich mittels Nichtregierungsorganisationen, Kirchen und Stiftungen betreiben zu können
Die Kritik an der direkten Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen trägt nicht. Ohne deren Funktionsfähigkeit ist niemand gedient. Es geht eben nicht um das Versenken von Geldern in "zentralstaatliche Bürokratien", sondern die Förderung funktionsfähiger Ministerien und Institutionen. Reine Basisarbeit reicht nicht aus. Will man Strukturen verändern, muss man mit Regierungen und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, mit dem Ziel demokratische Strukturen und Prozesse zu stärken.
Dem Instrument der Budgetfinanzierung wird "aus dem Bauch heraus", eine Fehlverwendung von Mitteln unterstellt. Sie ignorieren die Bedingungen unter denen Budgethilfe, geleistet wird. Der Aufruf zeigt null Verständnis für die Potentiale dieses relativ neuen Instruments, dessen Umsetzung immer im Verbund mit mehreren Gebern erfolgt. Im Übrigen wird dieser Prozess detailliert und zeitnah vom Parlament begleitet.
Thilo Hoppe ist Vorsitzender des Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.