Armutsbekämpfung ernster nehmen
Zu den Ergebnissen der Weltbank-Konferenz zur Armutsbekämpfung in Shanghai erklärt der entwicklungspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Thilo Hoppe: China hat im Gegensatz zu vielen anderen Schwellen- und Entwicklungsländern in den letzten beiden Jahrzehnten große Erfolge in der Armutsbekämpfung erzielt. So konnte es die Zahl der extrem Armen, die pro Tag mit weniger als einem Dollar auskommen müssen, in diesem Zeitraum um 400 Millionen auf jetzt 200 Millionen Menschen reduzieren.
Im Gegensatz zu den Rezepten des Internationalen Währungsfonds, der umfassende Liberalisierung und Privatisierung empfiehlt, liegt die chinesische Strategie in einer Kombination aus vorsichtiger, selektiver Marktöffnung und vom Staat gesteuerten Entwicklungsimpulsen. Elemente des chinesischen Weges könnten auch für andere Entwicklungs- und Schwellenländer beispielhaft sein. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die chinesische Wirtschaftspolitik auch von massiven Menschenrechtsverletzungen begleitet wird.
Dazu gehören unhaltbare Zustände in manchen chinesischen Produktionsstätten und Zwangsumsiedlungen, ohne Entschädigung der Betroffenen, im Rahmen des Baus von Staudämmen für Wasserkraftwerke. Auf der Armutsbekämpfungskonferenz in Shanghai konnte Weltbankpräsident James Wolfensohn auf Erfolge in China und Indien verweisen. Auf dem Weg zum Erreichen der Milleniumsziele, der Halbierung der Zahl der extrem Armen bis zum Jahr 2015, musste er aber auch herbe Rückschläge einräumen. So hat sich die Zahl der extrem Armen und Hungernden in den meisten Entwicklungsländern - vor allem in Afrika südlich der Sahara in den letzten Jahren wieder erhöht.
Wenn nicht einerseits ungerechte Strukturen im Welthandel überwunden und andererseits von der internationalen Gebergemeinschaft mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt werden, können die Milleniumsziele nicht erreicht werden. Zu Recht hat Weltbank-Präsident Wolfensohn auf das krasse Missverhältnis zwischen den weltweiten Rüstungsausgaben und Agrarsubventionen der Industrienationen einerseits und den viel zu geringen Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit andererseits hingewiesen.
Während im letzten Jahr rund 900 Milliarden US-Dollar für das Militär und 300 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung der Landwirtschaft in den reichen Ländern ausgegeben wurden, betrug die Summe aller Entwicklungshilfe-Ausgaben nur 60 Milliarden US-Dollar. Die grüne Bundestagsfraktion hat sich jetzt mit einem Beschluss dafür ausgesprochen, auch angesichts der angespannten Haushaltslage mehr Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen. Die Bundesregierung soll mit einem ressortübergreifendem Konzept darlegen, wie durch Haushaltsaufwüchse und Schuldenerlasse das im Koalitionsvertrag festgelegte Ziel erreicht werden kann, bis 2006 mindestens 0,33 Prozent des Bruttoinlandprodukts für die Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe zur Verfügung zu stellen.