Rede von Thilo Hoppe zu den Ergebnissen der G8/G20 Gipfel in Toronto
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte gerne einen Aspekt ansprechen, der in der Debatte bisher zu kurz gekommen ist. Wenn man nämlich einen Perspektivwechsel vornimmt und auf die Ergebnisse der beiden Gipfel der G 8 und der G 20 aus Sicht der Entwicklungsländer schaut, dann kann man das nur mit der Schlagzeile der taz vom Montag zusammenfassen: "Krümel für die Welt".
Die Ankündigung der G-8-Staaten, im Kampf gegen Kinder- und Müttersterblichkeit etwas mehr als 5 Milliarden US-Dollar zur Verfügung zu stellen, klingt erst einmal gut, aber angesichts der 30 Milliarden USDollar, die nach Berechnungen der UNO notwendig wären, ist das doch ein sehr bescheidener Betrag. Ganz besonders bescheiden hat sich Deutschland gezeigt, das pro Jahr 80 Millionen Euro geben will. Das ist deutlich weniger als das, was die ganze Konferenz in Toronto gekostet hat.
Aber das, was noch schwerer wiegt als diese "Geizist- geil"-Mentalität, ist der Abschied von den Versprechungen von Gleneagles. Können Sie sich noch erinnern: großes Kino Gleneagles, Tony Blair, umrahmt von Bob Geldof und Bono, und das großartige Versprechen, 50 Milliarden Euro mehr bis 2010? – Versprochen, gebrochen!
Maximal zwei Drittel dieser Beträge, die versprochen wurden, feierlich zugesagt worden sind, sind überhaupt gezahlt worden. Nach Berechnungen von ONE, einer Entwicklungshilfeorganisation, hat Deutschland gerade mal 25 Prozent seiner Versprechungen auch wirklich eingehalten und umgesetzt.
In Heiligendamm hat die Kanzlerin noch die anderen ermahnt, die Ärmsten der Armen nicht im Stich zu lassen und die Versprechungen einzuhalten. Jetzt braucht sie nur in den Spiegel zu schauen, um festzustellen, wer nicht Wort gehalten hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Wie gesagt, bisher hat man immer noch beteuert, das ist unsere Verpflichtung. Das ist jetzt im Schatten der anderen Krisen heimlich, still und leise aus den Dokumenten verschwunden.
Noch etwas fehlt in den Abschlusskommuniqués der beiden Gipfeltreffen. Es gab immer so eine Stereotype: Die WTO-Welthandelsrunde muss auch im Sinne der Entwicklungsländer zum Erfolg führen. Die fehlt diesmal völlig. Die Entwicklungsländer sind außen vor. Jetzt setzt man auf bilaterale Freihandelsabkommen. Bei diesen bilateralen Freihandelsabkommen werden die Schwächsten natürlich wieder unter die Räder kommen. Auch dort gibt es eine Rückkehr zum Egoismus.
G 8 und G 20 sind diesen Krisen nicht gewachsen, sie können diesen Krisen nicht wirklich begegnen. Das haben schon einige gesagt. Die Vereinten Nationen müssen stärker an Bedeutung gewinnen. In diesem Zusammenhang – das wird Sie vielleicht wundern – möchte ich einmal die Kanzlerin loben, nicht für ihr jetziges Auftreten, sondern für das, was sie vor zwei Jahren zur großen Überraschung in Davos gesagt hat. Da hat sie eine UN Charta für nachhaltiges Wirtschaften gefordert und eine starke Rolle der Vereinten Nationen.
(Zuruf von der SPD)
Da haben viele Zeitungen getitelt: Merkel fordert eine "Wirtschafts-UN". Doch leider sind diesen großen Worten keine Taten gefolgt. Wir haben viele Anfragen gestellt. – Nichts, aber auch gar nichts.
(Garrelt Duin [SPD]: Kommt ja öfter vor!)
G 8 und G 20 sind gescheitert. Aber diese Ankündigung "Was nicht ist, kann ja noch werden" bringt uns dazu, die Kanzlerin zu ermutigen, die Papiere, die Herr Weidmann damals geschrieben hat, endlich mit Leben zu erfüllen, ihnen endlich zum Durchbruch zu verhelfen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
G 20 muss sich reformieren! G 20 ist in der Krise, und ein Herauskommen ist nur denkbar, wenn G 20 näher an die Vereinten Nationen heranrückt, wenn beide Reformprozesse zusammengeführt werden. Zeigen Sie uns, dass diese Äußerungen von Davos nicht nur ein Mediengag waren!
Danke.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)