Soziale Sicherung in Entwicklungsländern fördern

Zum Antrag der Koalition "Entwicklungs- und Schwellenländer verstärkt beim Aufbau und bei Reformen von sozialen Sicherungssystemen unterstützen" erklären Thilo Hoppe, Vorsitzender des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und Ute Koczy, entwicklungspolitische Sprecherin:

Wenn Deutschland in der Entwicklungszusammenarbeit den Aufbau sozialer Sicherungssysteme mehr fördern soll, dann müssen sich die Anstrengungen als allererstes auf die Ärmsten der Armen richten. Eine IFPRI-Studie von Nov. 2007 belegt, dass bis zu 500 Millionen Extrem-Armen Menschen nur zwischen 50 und 75 Dollarcent täglich für alle Bedürfnisse des Lebens zur Verfügung stehen. Dies liegt noch unterhalb der anerkannten Armutsgrenze von einem Dollar pro Tag. Diese Extrem-Armen, für die Hunger alltäglich ist, leben vor allem in den ländlichen Gebieten der Entwicklungsländer. Sie konzentrieren sich aber auch in den Slums der Megastädte. Diese Menschen fallen gleich zweifach durch den Rost: Sie werden von ihren eigenen Regierungen ins Abseits gestellt und von der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit kaum erreicht.

Wenn die deutsche Entwicklungspolitik soziale Sicherungssysteme in den Entwicklungsländern mehr fördern soll – was wir sehr begrüßen - dann müssen folgende Mindestanforderungen gelten:

Es ist vielfach belegt, dass diese Allerärmsten der Armen keine Chance haben, sich aus eigener Kraft aus ihrem Elend zu befreien. Sie sind auch keine attraktiven Kunden für lukrative privatwirtschaftliche Konzepte der sozialen Absicherung durch multinationale Versicherungsunternehmen. Soziale Sicherungssysteme müssen daher zuerst den Extrem-Armen erlauben, ihr Recht auf Nahrung und medizinische Grundversorgung in Anspruch zu nehmen. Sie verlangen den aktiven Einsatz staatlicher Ressourcen gespeist aus funktionierenden Steuersystemen, die die reichen Eliten besteuern. Soziale Sicherung im ländlichen Raum bedeutet daneben vor allem den Zugang zu Land und staatliche Unterstützung der Selbstversorgung.

Klug konzipierte Sicherungssysteme haben einen weiteren Vorteil: Die Leistungen können direkt an weibliche Haushaltsvorstände ausgezahlt werden. Unzählige Untersuchungen in verschiedenen Ländern haben gezeigt, dass Frauen zusätzliche Ressourcen zum Nutzen der gesamten Familie einsetzen.

Hier gehts zur Rede von Thilo Hoppe im Bundestag.